Von Generalisten und Scannern (1)
Du interessierst dich für (zu) viele Themen? Sobald du dir einen Fachbereich erschlossen, ein Projekt initiiert oder ein Problem gelöst hast, langweilst du dich? Dann bist du vielleicht eine Generalistin, ein Generalist oder noch viel schlimmer: Ein Scanner.
Generalist*innen sind Menschen, die breit gefächerte Interessen und Talente haben und vielfältige Aufgaben in unterschiedlichen Bereichen übernehmen können. Sie arbeiten sich schnell in Themen ein, können gut strategisch denken und blicken neugierig über den Tellerrand hinaus. Trotzdem klingt das Wort Generalismus in den Ohren mancher Menschen vor allem nach: „Kann alles ein bisschen, aber nichts richtig“. Das stimmt aber nicht.
Um euch aufzumuntern, liste ich hier ein paar Artikel zum Thema auf, die mich in letzter Zeit inspiriert haben. In einem weiteren Blogbeitrag werde ich euch dann später noch ein paar Tipps und Tricks mit an die Hand geben.
Stärken von Generalist*innen
In seinem XING-Beitrag „Liebe Generalisten, es reicht“ schreibt Dr. Bernd Slaghuis über die wahren Stärken von Generalisten und warum wir uns manchmal selbst im Weg stehen. Er sagt unter anderem: „Alle typischen Generalisten plagt das dumpfe Gefühl, nicht genug zu wissen…“ Dabei seien es „andere Stärken, die Menschen als Generalisten im Vergleich zu Spezialisten ausmachen. (…) Während der Spezialist oft über stark ausgeprägte Stärken einer Richtung, etwa als kreativer Erfinder oder kritischer Prüfer verfügt, vereinen Generalisten meist viele Stärken unterschiedlicher Stärkenrichtungen als Denker, Kommunikator, Koordinator und Steuerer – von allem etwas.“
Die berufliche Klammer
In seinem Artikel „Generalist*innen: Was du brauchst, ist keine Spezialisierung, sondern eine berufliche Identität“ beschreibt Sven Stegemann, dass er sich häufig unsicher fühlte, wenn er danach gefragt wurde, was er beruflich macht:
„Ich hatte oft das Gefühl, dass mir noch irgendetwas fehlte, und ich suchte es in verschiedensten Vertiefungen oder etablierten Fachrichtungen. …was mir vor allem fehlte war keine Spezialisierung. Es war eine berufliche Identität, eine berufliche Klammer, die meinem professionellen Wirken im Ganzen gerecht wurde und anderen Menschen verständlich kommunizierbar war.“
>> Das zu lesen hat mir sehr geholfen. Denn wie erkläre ich nun jemandem, dass ich Erfahrungen aus Fundraising, Eventmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement mitbringe, zwei Vereine gegründet habe, aktuell aber vor allem als freie Journalistin zu den Themen Arbeit, Familie, Chancengleichheit, Nachhaltigkeit und Bildung arbeite? (an dieser Stelle Luft holen nicht vergessen) Und das ich das alles aber nur in Teilzeit mache, weil ich nachmittags Zeit mit meinen zwei wundertollen Kindern verbringe? Welcher Begriff würde das korrekt beschreiben und dabei noch verständlich sein? (Ideen gerne in die Kommentare :-))
Scannertum
In Diskussionen zum Thema Generalistentum wird immer mal wieder der Begriff des „Scanners“ genannt. Dieser stammt von der, inzwischen verstorbenen, Autorin Barbara Sher. In ihrem Buch „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast“ beschreibt sie Scanner als Personen, die sich für viele Dinge interessieren und sich ungern auf ein Thema festlegen:
„Für Scanner ist die Welt wie ein riesiger Süßigkeitenladen voller Verlockungen. Am liebsten würden sie mit beiden Händen zugreifen und sich die Taschen vollstopfen.“
Sie unterteilt in unterschiedliche Scannerpersönlichkeiten. Zyklische Scanner zum Beispiel hätten unterschiedliche aber gleichbleibende Interessen und Hobbys, denen sie sich gerne parallel widmen möchten. Barbara Sher schlägt vor, sich deswegen Jobs zu suchen, in denen das möglich ist. Wer vom Reisen träumt, kann sich zum Beispiel eine ortsunabhängige Arbeit suchen und in unterschiedlichen Ländern arbeiten. Auch projektbezogene Stellen, wie in der Filmproduktion oder IT-Branche, würden sich dafür eignen, genauso wie die Arbeit als Interimsmanager*in. Serienspezialisten wiederum sind thematisch nicht gebunden, sie interessieren sich grundsätzlich für neue Themen. Haben sie diese durchdrungen, besteht kein Interesse mehr daran. Ihnen rät sie, sich „Schirm-Berufe“ zu suchen. Wer zum Beispiel als Dozent*in, Referent*in, Autor*in oder Unternehmensberater*in arbeitet, darf und muss sich ständig mit neuen, sehr unterschiedlichen Themen beschäftigen.
>> Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und fand besonders spannend, wie viele unterschiedliche Scannertypen die Autorin auflistet. Es geht ihr nicht um starre Konzepte, sondern vor allem darum, was es für viele unterschiedliche Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten gibt und dass das total okay so ist.
Neo-Generalismus
Das Konzept des Neo-Generalisten beschreibt Menschen, die sich ständig zwischen den Spektren Spezialisierung und Generalismus hin- und herbewegen. Dazu könnt ihr euch einen interessanten Podcast von Jannicke Stöhr anhören, die das dazugehörige Buch „The Neo-Generalist – Where you go is who you are“ von Kenneth Mikkelsen und Richard Martin gelesen hat und von ihren eigenen Erfahrungen erzählt.